Auf Spurensuche - Der "Westfalenwall"

 

 

Als "Westfalenwall" wird eine (sich letztlich als militärisch sinnlos erwiesene) vornehmlich aus einzelnen Schützen- und Panzergräben bestehende Verteidigungslinie bezeichnet, die zwischen Oktober 1944 und März 1945 im westlichen Münsterland östlich der niederländischen Grenze etwa entlang der Städte Anholt, Bocholt, Borken, Ahaus und Ochtrup geschaffen wurde. In Bocholt habe ich mich auf Spurensuche des "Westfalenwalls" begeben.

Nachdem der Kampfmittelräumdienst das Gelände bereits einige Jahre zuvor großzügig gesichert hatte, wurde im November 2012 ein aus einem 12-15 cm starken sog. "Kochbunker"-Betonring (ohne Stahlverstärkung) und Kalkziegeln vermutlich Anfang 1945 hergestellter "Westfalenwall"-Ringstand zur Flankensicherung eines Infanteriegrabens im Süden der Stadt Bocholt freigelegt.  Diese Kleinstkampfanlagen des Westfalenwalles waren vereinfachte, aus örtlich verfügbarem Material hergestellte und billigere Varianten  der nach entsprechenden Richtlinien in Stahlbeton ausgeführten "Tobrukstände"/Ringstände. Daraus erklärt sich auch die bauliche Vielfalt dieser Anlagen am "Westfalenwall". Ihre spärliche Bauweise entlarvt, wie die zu geringe Baustärke des hier vorgestellten Modells verdeutlicht, die Sinnlosigkeit des notdürftig und völlig unzureichend ausgebauten Westfalenwalls. Dieser Ringstand schloss an einen Infanteriegraben an und diente der Deckung, als Beobachtungsposten sowie einer befestigteren Verteidigung. Links die Munitionskammer; die nach oben geöffnete Röhre diente wie eine "Schießluke" dem Schützen als Feuerstellung.   Die oberen Ziegelreihen sowie ein Teil des Ringes wurden nach dem "Bocholter Kriegsende" abgeschlagen, um den auf einem Acker befindlichen Ringstand unter Pflugtiefe zu bringen. Unklar ist, ob dieser Ringstand jemals fertiggestellt wurde. Normalerweise hätte das Ziegelwerk zwecks Deckung wie ein "Tunnel" überdacht und mit Erde angehäuft sein müssen, jedoch konnte das entsprechende Baumaterial nicht mehr aufgefunden werden. Folglich hätte dieser Ringstand, sofern fertiggestellt, über das Erdniveau herausgeragt, obwohl Ringstände normalerweise unter Erdniveau liegen. So bieten sie weniger Angriffsfläche,  erschweren die Bekämpfung durch Beschuss und gewährleisten eine bessere Tarnung. Ein baugleicher Ringstand unweit des hier vorgestellten Exemplars wurde seinerzeit bei den Bergungsarbeiten des Kampfmittelräumdienstes zerstört.

 

An der Bodenfärbung eindeutig erkennbar der Verlauf des sich anschließenden Schützengrabens. Seine Breite beträgt etwa 0,80 m, seine Tiefe lediglich 1,50 m. Eine tiefere Ausgestaltung der Gräben musste wegen des hohen Grundwasserstandes unterbleiben. Letztlich konnte aber auch die geringe Grabentiefe ein Volllaufen der Gräben mit Grundwasser nicht verhindern, weshalb ein Großteil der Stellungen alsbald unter Wasser stand und somit unbrauchbar wurde. Dennoch wurde der Ausbau des Westfalenwalls in blindem und verzweifeltem Glauben an den "Endsieg" vorangetrieben, obwohl die Sinnlosigkeit solcher mit Grundwasser vollgelaufenen Stellungen offensichtlich geworden war.